Flüchtlinge im Visier von Massenabmahnern
Hannover, 4. März 2016 – Wer in ein fremdes Land kommt, braucht meist einige Zeit, um sich mit den Regeln und Gesetzen vor Ort vertraut zu machen. So geht es auch den Flüchtlingen, die zu uns nach Deutschland kommen. Viele Dinge, die in Syrien nicht gesetzlich geregelt sind, werden bei uns rigide bestraft, zum Beispiel illegale Film-Downloads aus dem Internet. Hilfsbereite Bürger, die ihr WLAN für Flüchtlinge öffnen, sollten diese auch über die Rechtslage in Deutschland informieren, rät das Computermagazin c't in seiner aktuellen Ausgabe 6/16.
Für viele Flüchtlinge ist das Internet der einzige Draht zur Familie in der Heimat und einer der wenigen Zeitvertreibe während des langwierigen Asyl-Prozesses. Umso schöner ist es für sie, wenn jemand ihnen Zugang zum WLAN gewährt. „Doch viele Flüchtlinge wissen nicht, dass zum Beispiel das Herunterladen von Filmen aus Tauschbörsen illegal ist und in Deutschland hohe Geldforderungen zur Folge haben kann”, sagt Holger Bleich vom Computermagazin c’t.
Nach Informationen der c’t geraten derzeit Flüchtlinge und deren Helfer ins Visier der Massenabmahner. Diese Rechtsanwälte, die große Filmvertriebe vertreten, verfolgen illegale Downloads anhand der IP-Adressen und verschicken dann Schadenersatzforderungen an die WLAN-Inhaber. Für Holger Bleich ist dies unabhängig vom vorhandenen Rechtsanspruch moralisch fragwürdig. „Sollen die meist nahezu mittellosen Flüchtlinge de facto bestraft werden, obwohl sie nicht wissen, dass sie illegal handeln?“
Ehrenamtliche Anwälte können im Falle einer Abmahnung versuchen, eine Härtefallregelung zu erreichen und den Preis erheblich zu reduzieren. Doch bestenfalls kommt es gar nicht erst so weit. „Falls Sie als Anschlussinhaber Flüchtlingen Internetzugang gewähren, weisen Sie sie auf die spezifische Rechtslage in Deutschland hin”, rät Bleich. „Denn als Betreiber des WLAN wird man hierzulande für Rechtsverletzungen, die über diesen Zugang stattfinden, zur Verantwortung gezogen. Es gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.”
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